Dienstag, 24. Juli 2012

Wie der Chinese reiste

Der bezopfte Sohn des himmlischen Reiches haftet wie kaum ein anderer Erdenbewohner an seinem stück Land. Die ungeheure Ausdehnung des Reiches, die primitiven Verkehrsverhältnisse und die Unkenntnis von den Dingen, die sich im Umkreis einiger Tagereisen vom ständigen Wohnort abspielen, erklären diese Stetigkeit. In dessen hat die lebhafte Auswanderung von chinesischen Arbeitern ( Kulis) nach den Sunda-Inseln, Indien und Australien, über den stillen Ozean hinweg nach Kalifornien und Nordamerika bis zu den Westindischen Inseln gezeigt, dass der Chinese durchaus nicht fanatisch an seinem Heimatort haften bleibt, wenn die Lebensverhältnisse größere Beweglichkeit oder materielle Vorteile bieten.
Es ist allerdings bemerkenswert, dass der Chinese den Aufenthalt in einem fremden Land immer nur als eine Episode betrachtet. Hat er genug für einen bescheidenen Lebensabend erworben, kehrt er in seine Heimat zurück, wobei er eine fremdländisch erworbene Frau als Lebensgefährtin mitbringt. Wird der Auswanderer vom Tod überrascht, so sorgen seine Gefährten für ein Begräbnis in der Heimat, da es mit den Sittengesetzen des Chinesen unvereinbar ist, in fremder Erde das letzte Reibeplätzchen zu finden.
Die Frage, wie der Chinese reist bezieht sich nur auf den internen Verkehr. Der kleine Mann kommt nur selten aus dem Bannkreis seiner engeren Heimat heraus. 
Kaufleute, Beamte, Militärs hingegen, kommen in dem riesigen Reich weit herum, wenn auch das Reisen ein langwieriges und umständliches und der Räuber wegen, kein ungefährliches Unternehmen ist.
Sänften, Reittiere, Kanal-und Flussboote sind im Inneren des Landes die Mittel, ausgedehnter Ortsveränderungen vorzunehmen.
Dabei bekundet sich in den intelligenteren Kreisen eine merkwürdige Sucht, zur Feder zu greifen und die Erlebnisse solcher Reisen literarisch zu verwerten. 
Reisebeschreibungen sind nicht nur weit verbreitet, sondern in China die von allen bevorzugte Lektüre.
Dies erklärt sich daraus, dass die Reiseschilderer ihre Berichte möglichst abenteuerlich ausschmücken und über Naturerscheinungen oder allerlei groteske Dinge, welche nur in der Einbildung des Schreibers existieren berichten.
Jeder weiß um die fantasievollen Einlagen der Schreiber und dennoch werden sie mit großen Eifer gelesen.
Mancher gelehrter Chinese unternimmt eine weite Reise nur aus dem Grund, mit dem Reisebericht zu Ruhm und Ehren zu kommen. 
Das charakteristische Reisemittel ist die Sänfte, das Palankin, das sich jedoch nur für kurze Strecken eignet. 
Je nach zurück zu legenden Entfernungen werden 2 bis 4 oder mehr Träger verwendet. In den Städten bilden die Tragsessel eine charakteristische Staffage und vereinigen sich deren Besitzer an allen Ecken und Plätzen. 
Ihre Eigner bilden einen speziellen Typus unter der Bevölkerung, denn das mühevolle Handwerk bringt körperliche Deformationen mit sich, die sofort in die Augen springen. Ein lang gestreckter Hals, einseitige Schulterbildung und eine hagere Gestalt sind einige Erkennungsmerkmale. 
Darüber hinaus sind Sesselträger dürftig gekleidet, meist blaue, sehr weite Pantalons und eine ebenso gefärbte, über die Hüften reichende  Jacke.
Gegen Sonnenbrand und Regen schützt ein ungemein großer Hut, von mitunter einem Meter Durchmesser. 
Sesselträger von wohlhabenden Familien erscheinen in blendend weißen Anzügen, die entweder rosa oder blau gesäumt sind und recht vorteilhaft aussehen. 
In den Sänften, welche von Frauen gern benutzt werden, fühlt man sich sehr wohl und kommt bei den ausgiebigen und gleichmäßigen Schritten der Träger ziemlich rasch vorwärts. Ein Schutzdach aus Holz oder Leinen wird bei großer Hitze über die Sänfte gespannt. 
Größere Reisen werden zu Pferd unternommen, seltener zu Wagen, welche in China äußerst primitiv gebaut sind. 


 Die ärmere Klasse bedient sich schwerer plumper Fuhrwerke, während reichere Kaufleute die leichteren, mit schwarzen wasserdichten Stoff eingedeckten Karren benutzen. 
Höhere Beamte fahren nie, sondern bedienen sich der Sänfte. 
Der zu Wagen reisende Chinese breitet auf den harten Brettern des Karren seine Schlafmatratze aus und verschläft trotz ständigen Erschütterungen fast die ganze Reise. 
Dabei bringt ihn nichts aus der Ruhe, selbst ein Sturz des Karrens in einen Graben reißt ihn nicht aus seinen Träumen. Er raucht eine Pfeife und legt sich wieder auf seine Matratze und träumt weiter. 
Leichter und bequemer ist das Reisen auf den vielen großen Strömen und Kanälen. 
Auf ihnen verkehren in der Regel stark besetzte Omnibusbarken oder leichte Segelbarken, mit an dem Maste befestigten horizontalen Bambusstöcken und dazwischen ausgebreiteten Baumwollstreifen.  
Diese Segel werden wie Jalousien mittels einer Schnur aufgezogen.
Das Fahrzeug hat so wenig Stabilität, dass es bei starken Windstößen kentert und die Bootsleute mit samt den Passagieren ertrinken, da die wenigsten Chinesen schwimmen können.





































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