Dienstag, 10. Juli 2012

Die Häuser der Chinesen um 1900


Die Häuser der Chinesen sind den Zelten sehr ähnlich, was auch die Dachform zeigt. selten sind Häuser über einen Stockwerk hoch und die Papierfenster sind nicht zur Straßenseite eingebaut, sondern zu den Gärten und Höfen. Im Norden des Reiches  werden sie durch große, pritschen förmige Öfen aus Lehm, auf welchen die ganze Familie schläft, beheizt. Schlechte Luft und beispiellose Unreinlichkeit gestalten einen solchen Wohnraum zur Hölle. Keinesfalls aber nach der Auffassung der Chinesen, welche sich innerhalb ihrer vier Pfähle sehr wohl fühlen.
Anders verhält es sich freilich, wie überall in der Welt, mit den Wohnungen der Reichen und Vornehmen.
Sie sind mit einem gewissen, nach europäischen Begriffen fremdartigen und bizarren Luxus ausgestattet.
Große Sorgfalt wird auf Gartenanlagen verwendet, welche neben Laubgängen auch Weiher und Teiche mit Goldfischen, große Volieren, in denen Pfaue, Goldfasane, und Hühner untergebracht sind, aufweisen. Besonders aufwendig sind die prächtigen und kostspieligen Vasen, welche als Blumentöpfe für Jasmin und andere Gewächse dienen.
Aus diesem Garten gelangt man in den großen Empfangssaal, der von den eigentlichen Wohnräumen durch ein Gitter getrennt ist. Zur Seite des Saales liegen das Schlafgemach des Herrn, der Speisesaal und mit unter ein Badezimmer, obwohl der Chinese ein notorischer Feind des Waschwassers ist. Alle übrigen Gemächer befinden sich im ersten Stock, der bei den meisten Häusern fehlt. Der reichste Prunk befindet sich selbstverständlich im großen Empfangssaal, der ein Zusammenkunftsort im zweifachen Sinne ist.
Einmal für die Lebenden und für die Verstorbenen, denn er ist immer den Ahnen geweiht. An der Wand befindet sich die Ahnentafel und davor schöne Vasen und Bronze-Kandelaber zum verbrennen der Opferkerzen und wohlriechenden Gaben. An Möbeln ist nicht viel vorhanden, das Hauptrequisit ist der Kang, der pritschen-artige Ofen, welche zugleich als Sofa und als bett dient. Beliebt sind kleine rot lackierte Tischchen und Tabourets( hohe Hocker). Den Boden bedecken Matten und die Wände zieren Bilder, auf so genannten Reispapier gemahlt, während auf Etageren viele zahlreiche Dinge chinesischen Gewerbefleißes stehen, welche eigentlich keinen bestimmten Zweck erfüllen. da in China die Frauen keine gesellschaftliche Rolle spielen, entbehrt das Heim seinen eigentlichen Anziehungspunkt des intimen Reizes. dadurch bekommt ein außerhalb stehender ein überaus nüchternes, auf peinlichem Formenwesen beruhendes Gepräge.
Jedem besuch geht die Abgabe einer Visitenkarte voraus. sie besteht aus einem Bogen rot farbigen Papier von verschiedenem Format, je nach Rang und Zweck.Sie enthält den Namen, etliche Begrüßungsformeln und was sehr praktisch ist, den zweck des Besuches. So kann der Hausherr immer entscheiden ob er zu sprechen ist oder nicht.
Die Sitze im Empfangssaal stehen in zwei geraden Reihen. Der Eintretende macht eine Verbeugung nach der Seite des Hausherrn und zwar so tief, dass die ineinander gelegten ausgestreckten Hände den Boden berühren. In den Südprovinzen ist die Südseite, die Respektseite, im Norden umgekehrt.
Der Besuchende gibt vor den Ehrenplatz nicht einnehmen zu wollen, ist diese peinliche frage erledigt, so vollführt der Gast so viele Verbeugungen, wie Besucher anwesend sind.
Die Zeremonie wiederholt sich beim Niedersetzen, wobei es zum guten Ton gehört, sich nach dem zweiten oder dritten Sessel zu drängen, um vom Hausherrn gewissermaßen gewaltsam zum ersten zurück geführt zu werden. Nun tut der Hausherr so als wische er mit seinem Rockzipfel das Sitzbrett ab, worauf der Gast sofort das Gleiche am Sessel des Hausherrn erledigen muss. Dem entgütigen Niedersetzen geht noch eine Verbeugung vor dem Stuhl voraus.
Man muss zugeben, dass die bezopften Söhne des blumigen Reiches geduldige Leute sind.


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