Der Lebenslauf einer chinesischen Frau ist schnell erzählt. Ist sie aus vornehmen Hause, so hat sie wenigstens eine annehmbare Kindheit. Trotz der Öde, welche das Familienleben prägt, soll hier das Verhältnis von Eltern und Kindern in einem besseren Licht dargestellt werden. Während die Söhne recht früh mit Gunstbezeugungen überhäuft werden, walten und schalten die Mädchen still und bescheiden im Heim. Das Mädchen ist ein Abbild der schweigsamen und trauernden Mutter. Früh wird sie einem passendem Manne versprochen und die eheliche Verbindung erfolgt meist im zarten Alter.
Die Trauungszeremonie ist ungemein einfach. Braut und Bräutigam trinken zusammen aus einer Schale, wobei erstere in Gold und Seide gehüllt ist und auf einem Thronsessel sitzt. Die Stellung des Horoskopes bestimmt den Tag der Trauung. Der Hochzeitstag ist der einzige Tag im leben eines weiblichen Wesens, an welchem ihm in aller Form gehuldigt wird. Ist diese Huldigung vorüber, dann beginnt für die Frau eine Kette lebenslänglicher Demütigungen, ein Dasein voll Unterwürfigkeit und Selbstlosigkeit. An seinen Mahlzeiten hat sie keinen Anteil.Die Frau ist ihrem Mann nicht ebenbürtig, sondern eine gehorsame Dienerin des Gatten.
Ahnenverehrung. Der älteste Sohn verehrt am Familienaltar seine Vorfahren.
Stirbt der Gatte, dann übt der älteste Sohn die Rechte des Hausvaters aus und die eigene Mutter muss sich dessen Anordnungen fügen. Auch kommt es in höheren Ständen vor, dass die Witwe durch Selbstmord dem verstorbenen Gatten freiwillig im Tode nachfolgt, gestützt auf den Glauben des Fortbestehens der Ehe im Jenseits. In China ist es Sitte eine Zeit Trauerkleidung zu tragen, die Trauerfarbe ist weiß. Wiederverheiratung ist nur den Männern gestattet. Eine Gepflogenheit ist, dass Eltern verschiedener Familien ihre noch ungeborenen Kinder durch vorzeitige Eheverlöbnisse aneinander binden, oder Kinder mit noch nicht Geborenen verlobt werden. Nur selten wird der vornehmen Chinesin gestattet Besuch zu empfangen, noch seltener, solche zu machen. Jeder genehmigte Ausgang erfolgt in einer Sänfte, in welche sie wie ein Vogel in einem goldenen Käfig eingesperrt wird. Man sieht in China freilich genug Frauen in den Gassen, aber es sind keine vornehmen Frauen, diese dürfen sich nie öffendlich zeigen. In China geschieht diese Absperrung auf Grund uralter Überlieferungen, persönlichen Egoismus und Eifersucht. Die Kleidung der Chinesin besteht aus einer Anzahl langer Seidenröcke oder Baumwollröcke von grüner oder rosenroter Farbe, von welchen immer ein kürzeres über ein längeres angelegt wird. Die Frauen der Reichen und vornehmen Chinesen sind immer von einem g Luxus umgeben und dabei spielt der Putz eine große Rolle. Die prächtigen Kleiderstoffe, die reichen Goldstickereien, die unzähligen Kleinode aus Lack, Schildpatt, Porzellan, Elfenbein, Perlmutt, Gold-, und Silber filigran, deren sich die chinesischen Frauen bedienen, repräsentieren häufig einen großen Reichtum.
Eine Eigentümlichkeit am Äußeren einer Chinesin sind die verkrüppelten Füße. Diese Mode, wenn man sie so nennen darf, ist uralt. Nach chinesischer Überlieferung soll es sich damit wie folgt verhalten. Eine Prinzessin hätte derart kleine Füße besessen, dass alle Welt sie darum beneidete. Die anderen "Schönen" wollten nun gleichfalls zu diesem körperlichen Vorteil gelangen. Sie begannen ihre Füße in Hüllen zu pressen, die immer kleiner gewählt wurden. Der Erfolg, obwohl gering, bestimmte später die Mütter, welche die Verkleinerungsprozedur an ihren Kindern im zarten Alter vornahmen. Daraus entwickelte sich diese abschreckende, systematisch betriebene Verkrüppelungsprozedur. Diese Prozedur spielte sich etwa so ab. Waren die Mädchen im Alter von 14 bis 18 Monaten, so wurden die Füße mit 2 Leinenwandbinden umwickelt und zwar derart, dass die 4 Nebenzehen unter die Fußsohle gebogen wurden und nur der große Zeh frei blieb. So kommen die "Goldenen Lilien", wie die Damenfüßchen in China genannt wurden zu Stande. Die gewaltsame Prozedur, welche, bis sie beendet ist, das Gehen unmöglich macht, ist Ursache, dass die unteren Extremitäten keine Muskeltätigkeit erfahren und die Waden sich schlecht entwickeln. Die Schuhe sind meist nur 12cm bis 15 cm lang und bieten so wenig Raum, dass eine Europäerin nur mit großer Mühe ihre Faust in den Schuh zwängen könnte. Was aber am meisten in erstaunen versetzt ist, dass die Chinesin trotz ihrer verkrüppelteten Füße, sich verhältnismäßig leicht von der Stelle bewegen und sich ohne Anstrengung dem beliebten Ballspiele hingeben kann.